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Was ist für N "gefährlich"?

"Gefahr" ist in Ns Denken ein Zentralbegriff und ein Kernelement, was aber nichts Revolutionäres, sondern nur etwas Zeitgeist-Widriges an sich hat - und zwar bis heute! "Not macht erfinderisch", sagt das Sprichwort, und N sagt: "Not ist nötig!" (FRÖ 56); Gefahr nennt er - im "moralinfreien" Sinn - "die Mutter der Moral" (JEN 262, KSA 5,216).
Was Konrad Lorenz die "Verhausschweinung des Menschen" genannt hat und was wir heute als "Vollkaskomentalität" verspotten, das fasst N in das Bild des "letzten Menschen", der "das Glück erfunden" hat.
Die Konsequenz ist die Forderung: "gefährlich leben".
Ähnlich wie Toynbee Kulturleistungen aus challenge and response erklärt (oder wie die heutige Medizin zur Maxime "Dreck ist gesund" gelangt ist, weil das Immunsystem ständig beschäftigt sein muss), erklärt N, "gefährlich leben" als das Mittel zu Genuss und Fruchtbarkeit.

Benito Mussolini - der von Hitler zu seinem 60. Geburtstag eine Prachtausgabe von Ns Werken geschenkt bekommt, jedoch weitaus gebildeter ist als Hitler - hat daraus den Schlachtruf seiner camice nere gemacht: vivere pericolosamente. Es darf bezweifelt werden, ob das "im Sinne des Verfassers" war. Für sich selbst sieht N zwei Gefahren.
Zum einen ist das der Ekel vor diesem "letzten Menschen", der "wimmelt". Diesen Ekel nennt er seine "größte Gefahr" (weil Ekel die Wahrnehmungsfähigkeit mindert - und weil er kein Unmensch ist). Darüber hinaus sieht er die Gefahr, durch seine Aufgabe überfordert zu werden.

N weiß, dass seine Philosophie auch für seine Leser gefährlich sein kann. Am 16. September 1886 rezensiert V.J. Widmann Jenseits von Gut und Böse in der Berner Zeitung Der Bund und gibt seiner Besprechung den Titel Ns gefährliches Buch. N fühlt sich zum ersten Mal verstanden.
Schon acht Jahre zuvor hat er selbst das Gleiche gesagt.

 
(Die mit ** gekennzeichneten Wörter verweisen auf detailliertere Informationen im jeweiligen Zusammenhang.)
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