War N größenwahnsinnig?
Bezeichnenderweise ist es die Zarathustra-Zeit,
wo erstmals größenwahnsinnige Töne deutlich zu hören sind.
In der Schlussphase,
bei Ns Zusammenbruch, ist dann ganz unzweifelhaft ein ausgeprägter (für
Paralytiker typischer) Größenwahn zu bemerken. Zu bemerken ist freilich
auch, wie spielerisch, ja humoristisch N seine Rolle als der neue Gott
beschreibt, nämlich als "göttlicher Hanswurst" (an Cosima Wagner, 3. Januar
1889). Noch
in seinen beiden letzten Briefen an Jacob Burckhardt konkurrieren Größenwahn
und Bescheidenheit.
In Basel haben andererseits Franz und Ida Overbeck, die N am nächsten
standen, erklärt, Ns größte Schwäche sei "übergroßer Ehrgeiz" gewesen.
Und sogar Ns Wohltäter und Förderer Friedrich Ritschl
notiert "Größenwahnsinn".
Auf der anderen Seite
darf man zweierlei nicht übersehen. Zum einen ist N - wie wir heute wissen
- ganz und gar berechtigt, über sein Ignoriertwerden
empört zu sein. Zum anderen kennt N neben "Größe" noch ein ganz anderes,
völlig konträres
Lebensideal: den "Armenarzt
des Geistes". Beides ist Realität geworden:
Ns Größe - jenseits des Wahns - ist unbestreitbar, und viele Menschen
hat er von Wahnvorstellungen geheilt.
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